Chronik

Was sich da am ersten Märzsonntag des Jahres 1932 hier in Rethwischfeld gründete, sollte über 70 Jahre und darüber hinaus Bestand haben.

Eine Handvoll Rethwischfelder Einwohner gründeten eine freiwillige Feuerwehr. Doch so freiwillig war das denn doch nicht so. Diese Anordnung kam von “oben", von der Kommune. Doch dieser Pflichtfeuerwehr traten dann doch noch eine Reihe Freiwillige bei.

Aufmerksamen Zeitungslesern wird in den letzten Wochen nicht entgangen sein, dass rund um Bad Oldesloe einige Feuerwehren ihren 70. Geburtstag feiern. Ebenfalls Gründungen von Pflichtfeuerwehren in Rümpel, Poggensee usw.

Unser Dorf war überwiegend landwirtschaftlich geprägt, und so ergab es sich‚ dass die Bauern allen Grund hatten beizutreten. Sie hatten ja auch die großen Bauernhäuser und Scheunen.

Wo sich vor 1932 hin und wieder ein paar Pilzsammler hin verirrten, begann sich das Dorf durch die Feuerwehr gesellschaftlich zu entwickeln.

Leider gibt es wenig Schriftliches aus dieser Zeit, vieles ist jedoch von noch lebenden Zeitgenossen weitererzählt worden. Reichskanzler war zu dieser Zeit Heinrich Brüning. Die Gründungsmitglieder unter anderen Hugo Beck, Walter Wiebring und Wennemar Scherrer schafften zunächst eine Handspritze an, gezogen von? na was schon? Pferden.

Das Spritzenhaus an der alten Ratzeburger Landstraße, gegenüber von Voss, dort wo heute die Müllcontainer stehen, diente als Unterstellplatz und Treffpunkt. Wehrführer von 1932 bis 1945 war Wennemar Scherrer, wenig, ja fast gar nichts ist uns aus dieser Zeit bekannt. Lediglich, dass in der Kriegszeit noch eine DKW-Motorspritze angeschafft wurde.

Mehr hingegen wissen wir aus der Zeit von 1945 bis 1947, als Walter Wiebring Chef der Wehr war, nicht. Doch einige außergewöhnliche Einsätze sind uns aus dieser Zeit bekannt.

Noch immer hatte man die DKW-Motorspritze, doch um sie zu ziehen bedurfte es eine Reihe von Improvisationen. Mal zog ein Trecker vom Hof Schmidt-Kufeke die TS, und häufig auch das Lastauto von Harry Wulf, der Schwager des Feuerwehrmannes Werner Wegner und Sohn des hiesigen Gastwirts Wilhelm Wegner.

Doch der Schwager Harry Wulf wohnte in der Brunnenstraße in Bad Oldesloe, er hatte dort einen Gemüseladen. Und wenn unsere Vorfahren ausrücken mussten, so musste auch der gute Harry aus Bad Oldesloe erst einmal nach Rethwischfeld ausrücken

Zum Beispiel der Einsatz im Januar 1946: Die Kantine im Lager der englischen Besatzungssoldaten stand in Flammen, dort, wo heute die Autobahnpolizei ist. Eilig wurde der aus Bad Oldesloe ankommende Lastwagen von Harry Wulf mit der TS bestückt und ab ging es zum Einsatz. Heute noch lebende Feuerwehrleute sprechen von einer Ausrückezeit von 5 Minuten.

Und das scheint tatsächlich zu stimmen. Denn der engl. Major war von der Schnelligkeit der Rethwischfelder Blauröcke so angetan, das er deren Bitte um ein Motor betriebenes Fahrzeug nachkam, und aus den beschlagnahmten Beständen einen alten Faun V 8 rausgab. Von nun ab konnte die Ausrückezeit um ein Vielfaches unterboten werden.

Das sollte sich sehr bald zeigen. Im Sommer 1946 brannte dem Amtswehrführer Robert Köhls in Meddewade sein Anwesen. Samstag 16 Uhr.

Und was soll ich Euch sagen, das erste Mal in der Rethwischfelder Feuerwehrgeschichte waren die Kameraden aus Rethwischfeld früher am Einsatzort, als die Kameraden aus Bad Oldesloe. Ein Ereignis, das sich sobald nicht wiederholte. Der Faun V8 wurde kurz darauf abgeschafft, die Gefahr vom Einsatz nicht mehr heimzukommen war allgegenwärtig. Weil der Tank ständig leer war. Dieser 8-Zylinder fraß so viel Sprit, was nicht mehr zu bezahlen war.

Leute die etwas improvisieren können, sind in der Feuerwehr immer gefragt. So auch die Improvisationskunst eines Werner Wegners. Vom Bürgermeister Hugo Schneuer ausgestattet mit Bargeld, fuhr Wegner 1947 nach Hamburg, wo er mit seinen guten Beziehungen einen Opel-Blitz erstand, ebenfalls ehemaliges Wehrmachtsgut, und somit auch in olivfarben.

Ein alter ausgedienter Laternenmast, der irgendwo im Nachbardorf nicht mehr gebraucht wurde, gruben die Feuerwehrkameraden in Ihrer Freizeit aus und am alten Spritzenhaus wieder ein. Hier diente er zum Schläuche trocknen. 

Das öffentliche Leben auch hier in Rethwischfeld war in dieser unmittelbaren Nachkriegszeit sehr eingeschränkt. Schwarzschlachten war bei Strafe streng verboten. Eine Sperrzeit gab es außerdem, was bedeutete, dass nach 22 Uhr niemand mehr auf der Straße sein durfte. Und das Anpflanzen von Tabak war allgegenwärtig.

1948 löste Paul Martens den bisherigen Wehrführer Walter Wiebring ab.

Nach der Währungsreform 1949 ging es dann langsam bergauf. Anfang der Fünfziger wurde das erste TSF angeschafft. Ein VW Bus.

Dieses Fahrzeug sollte bis 1976 halten. Einer der schwersten und gefährlichsten Einsätze der Nachkriegszeit soll hier noch einmal erwähnt werden. Es war das Großfeuer Lederfabrik in der Innenstadt von Bad Oldesloe. Hierzu war auch die Ortswehr Rethwischfeld gerufen. Und es war der erste große Einsatz des neu gewählten Wehrführers Otto Oellerich aus Bad Oldesloe.

Doch 1964 kam es erstmalig in der FF -Rethwischfeld zu einer Situation die äußerst besorgniserregend schien. Wegen Personalmangel drohte der Ortswehr das Ende. Doch durch den Eintritt von Helmut Martens und Rainer Goergens im Alter von knapp 18 Jahren ging es aber doch weiter.

1972 kam es zur Eingemeindung. Rethwischfeld hörte als eigenständige Gemeinde im Amt Bad Oldesloe auf zu existieren, und gehörte von nun an zur Stad Bad Oldesloe. Die Beschaffung von Uniformen und Gerät wurde nun zentral von der Stadtwehr Bad Oldesloe geleitet.

Im Jahre 1973 löste Hans Wilhelm Jacobsen Paul Martens als Wehrführer ab. Paul Martens führte die Ortswehr Rethwischfeld 25 Jahre. Im Jahr darauf starb Paul Martens durch einen tragischen Unfall.

1976 wurde der VW Bus dann durch ein neuwertiges Fahrzeug, ein Ford Transit, ebenfalls ein TSF ersetzt. Man hätte sich schon viel früher ein neues Fahrzeug gewünscht, aber wie es denn so ist mit “Made in Germania ", der VW Bus wollte doch ums Verrecken nicht kaputt gehen. Fast ein Viertel Jahrhundert begleitete dieses Fahrzeug unsere Kameraden.

1977 war die Geburtsstunde unserer Jugendfeuerwehr. Und Rainer Goergens war der erste Jugendwart.

Mit dem letzten Tag des Jahre 1978 begann eine Katastrophe in Weiß, die bis heute einmalig geblieben ist. Die Sprache ist von der Schneekatastrophe 1979. Höhepunkt war vom 14. Februar bis 16. Februar. Hier waren die Kameraden der Rethwischfelder Wehr länger als 26 Stunden im Einsatz.

Im März begann nun diese gewaltige Menge Schnee zu tauen, und vom 3. bis 6. März waren dann alle 19 Kameraden damit beschäftigt mit Wasser lenzen.

Im Mai 1979 verlor Rethwischfeld eins der schönsten Gutshäuser des Dorfes, das Haus des Bauern Hoff wurde ein Raub der Flammen. Durch das umsichtige Handeln aller Feuerwehrleute aus der Gemeindewehr konnte ein großer Teil des Gebäudes gerettet werden und somit wieder aufgebaut werden.

Am 25. November 1980 vernichtete ein gewaltiges Feuer in der Industriestraße eine Kunststofffabrik. Auch hier waren die Rethwischfelder Blauröcke als Teil der Gemeindewehr im Einsatz. Vielen wird dieses Feuer bis heute in Erinnerung bleiben.

Zu einem spektakulären Einsatz musste die Wehr am 29. Januar 1983 ausrücken. Den Sonntagsbraten eines als Junggesellen lebenden Feuerwehrkameraden musste die Wehr aus der schon verqualmten Wohnung entfernen. Einsatzdauer: 10 Min.

Noch immer diente uns das alte Gerätehaus neben der Gaststätte Mäcki als Garage für unser Fahrzeug. Zusammenkünfte, Schulungen und Versammlungen mussten in der naheliegenden Gaststätte abgehalten werden.

Im März 1981 beschloss die Stadt ein Grundstück für ein neues Gerätehaus in Rethwischfeld zu kaufen. Ein Jahr später, im März 1983 war Baubeginn. Die Einweihung war August 1984. Das Ergebnis kann sich sehen lassen:

- 222 Quadratmeter Nutzfläche

- 350 Quadratmeter Dachfläche

- 1022 Kubikmeter umbauter Raum 

- Gesamtsumme 565.000 DM.

Nicht unerwähnt bleiben darf hierbei die gute Zusammenarbeit zwischen Bürgermeister Baetge, Gemeindewehrführer Kurt Schlüter und unseren unermüdlichen Wehrführer Heinz Jacobsen.

In über 6000 !!! freiwilligen Arbeitsstunden aller Kameraden der Ortswehr Rethwischfeld, peinlich festgehalten in einem Stundenbuch schufen unsere Kameraden vom ersten Aushub bis zur letzten Tapetenbahn dieses wunderschöne Haus. Das entspricht einer Eigenleistung von weit über 120 000 DM.

Oft bis an die Toleranzgrenze der Ehefrauen und Freundinnen wurde hier Wochentags, nach Feierabend und oft sogar sonntags geschuftet.

Unter Heinz Jacobsen machte die Wehr im Jahr 1985 in Ihrer neuen Wache das bronzene Ehrenbeil. Auch hier bei der Abnahmeprüfung beschritten die Kameraden der Ortswehr ganz neue Schritte.

Gleichzeitig mit dem Bau des Feuerwehrhauses begann mit dem englischen Staatsbürger Ron Ducker eine Freundschaft zu dem damaligen Wehrführer Heinz Jacobsen. Ron Ducker vermittelte uns den Kontakt zu einer englischen Feuerwehr, deren Chef lan Greenwood war.

Gegenseitige Besuche prägen bis heute diese Freundschaft. Mit Peter Blake, dem Nachfolger von Ian Greenwood gingen diese Kontakte auch auf die Jugendwehr über. Vieles wäre hierüber noch zu berichten, allein die Geschichte dieser Verbindung würde einen ganzen Abend füllen.

Ich möchte abschließend nur noch einmal in Erinnerung rufen: Die höchste Auszeichnung, die der Deutsche Feuerwehrverband zu vergeben hat, bekam Ron Ducker anlässlich des 100. Geburtstages des Kreisfeuerwehrverbandes 1992 verliehen.

Im Jahre 1988 löste dann Horst Reß den scheidenden Wehrführer Heinz Jacobsen ab.

Unter Horst Reß seiner Führung fiel auch 1989/90 die Wende. Hieraus entstand zunächst eine kameradschaftliche Verbindung mit Rethwisch-Börgerende in Mecklenburg. Einladungen zur Jahreshauptversammlung und zum Grillfest waren selbstverständlich. Hieraus entstanden auch ein paar private Freundschaften. Viele ausrangierte Ausrüstungsgegenstände gingen so nach Mecklenburg. Unser damalige Jugendwart Peter Tegen hat wohl bestimmt eine komplette Jugendwehr mit ausgerüstet.

Aber alles nützte letztendlich nichts, die Kameraden aus Rethwisch-Börgerende mussten nach der Wiedervereinigung umdenken, umlernen und sich neu orientieren und somit blieb Feuerwehr und Ehrenamt auf der Strecke, und somit auch die Kontakte.

1990/91 schaffte sich die Wehr dann aus der Gemeinde Stapelfeld ein gebrauchtes LF 8 an. Das alte TSF, der Ford Transit ging an die Freiwillige Feuerwehr Bad Kleinen, Meckl.- Vorpommern. Auch diese Überführung durch ein paar Kameraden unserer Ortswehr unter der Leitung von Horst Reß und dem ehemaligen Wehrführer Heinz Jacobsen mit deren Frauen, wäre es wert noch einmal zu erzählen.

Weiter gelang es Horst Reß aus Spendengeldern, ein gebrauchtes MTF aus dem 2. Kat-Schutzbestand aus Steinfeld für unsere Jugendwehr an Land zu ziehen. Ein sehr wichtiger Beitrag unserer Jugendarbeit.

Nach 9 jähriger Amtszeit wurde ich (Werner Bajatzki) 1996 dann zum Nachfolger von Horst Reß gewählt.

Im Frühjahr 1997 wurde durch die großzügige Spendenbereitschaft einiger Oldesloer Firmen nach gründlicher Überholung das MTF für die Jugendwehr in Tagesleuchtfarbe in Dienst gestellt.

Im Januar 1998 verloren wir durch einen tragischen Unfall unser LF 8. Der Totalverlust dieses Fahrzeuges war für die Kameraden der Ortswehr ein gehöriger Schock, nicht zuletzt deshalb, weil hierbei auch einige Feuerwehrangehörige z.T. schwer verletzt wurden. Doch schon im August des gleichen Jahres konnten wir zum Grillfest ein fabrikneues TSF-W in Dienst stellen.

Soweit eigentlich die Chronik unserer Feuerwehr. Sicher wurde einiges vergessen, aber wir werden weiter nachforschen.

Fazit :

- wir löschten angebratenen Sonntagsbraten

- wir entfernten Hornissen

- wir stellten Sprengstoff sicher

- wir lenzten unzählige Keller

- wir evakuierten Altenheime

- wir löschten brennende PKW'S

- wir suchten nach vermissten Personen

 

Verfasser: Werner Bajatzki - zum 70. Geburtstag der Freiwilligen Feuerwehr Rethwischfeld - April 2002

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